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Stephanoscyphus eumedusoides n. spec. (Scyphozoa, Coronatae), ein Höhlenpolyp mit einem neuen Entwicklungsmodus

Stephanoscyphus eumedusoides n. spec. (Scyphozoa, Coronatae), a cave-living polyp with a new mode of development

Abstract

The new solitary scyphopolypStephanoscyphus eumedusoides was detected in submarine caves of the rocky shore near Marseille (Mediterranean Sea), where it lives attached to colonies of corals at a depth of 2–3 m to 40–50 m. The new mode of development has been described briefly in an earlier paper in which the polyp was given the preliminary nameTesseroscyphus eumedusoides (Werner 1971a) but by a more detailed investigation it proved to belong to the genusStephanoscyphus. The essential characteristics of the peridermal tube and the soft body are outlined. Most of them are not sufficient to identify significantly the new species. Identification was possible by the observations on the new mode of development by sessile medusoids which is unique in the order Coronatae and the class Scyphozoa. The medusoids originate in the normal way by the process of strobilation. But other than in the known scyphozoan development by which free-swimming young medusae are produced, the medusoids remain connected with each other and the basal residue of the polyp's body within the peridermal tube. Development, morphology and anatomy of the medusoids are described. As they exhibit essential medusan characteristics they belong to the type of eumedusoid. On the other hand, there are remarkable signs of reduction due to progressive steps of evolution. The hermaphroditic medusoids become mature and reproduce within the polyp's tube. The fertilized eggs develop within the gastric cavity of the medusoids into free-swimming planulae which are released by the chain of degenerating and dying medusoids being pushed out of the tube by the regenerating polyp. After a planktonic period of several weeks, the planula attaches to a substratum in the normal way and undergoes development into the young polyp. This is described briefly. The cnidom of the polyp, the medusoid, and the planula consists of holotrichous haplonemes and heterotrichous microbasic euryteles. The vertical and horizontal distribution, and some details of the ecology are outlined according to the present state of knowledge. Because the new species has been collected and found only in submarine caves it is considered to be a true cave-living animal. Its diagnosis is given.

Zusammenfassung

1. in submarinen Höhlen der Felsküste von Marseille wurden zahlreiche Exemplare einer neuen solitärenStephanoscyphus-Art gefunden, die in Laboratoriumskultur genommen und über den ganzen Lebenszyklus gezüchtet werden konnte.

2. Morphologie und Lebensgeschichte werden beschrieben. Die neue Art zeichnet sich durch einen für Scyphozoen bisher unbekannten Entwicklungsmodus aus, durch den sie von allen anderenStephanoscyphus-Arten verschieden ist. Er besteht in der Reduktion der Medusengeneration zu sessilen Medusoiden.

3. Größe, Form und Struktureigenschaften der Peridermröhre des Polypen werden beschrieben. Besondere Merkmale sind die kräftige Beschaffenheit, die Oberflächenstruktur mit dicht aufeinanderfolgenden schmalen Querringen und schwach ausgeprägter oder fehlender Längsstreifung sowie die Reduktion der Zahnbildungen im Inneren. Die Wand des basalen Röhrenteils kann durch zusätzliche unregelmäßige Lamellen verstärkt sein.

4. Habitus und Eigenschaften des Weichkörpers werden beschrieben. Charakteristisch ist das Vorhandensein eines gelblichen oder schwach bräunlichen Pigmentringes in der Epidermis des unteren Kragenrandes.

5. Der Polyp strobiliert in der für Scyphozoen typischen Weise durch Querteilung des Körpers. Die Strobilationsprodukte lösen sich jedoch nicht als freie Ephyren ab, sondern bleiben als sessile Medusoide miteinander und mit dem basalen Restkörper des Polypen in fester Verbindung und werden ohne Zufuhr partikulärer Nahrung geschlechtsreif.

6. Die Morphologie, die Grundzüge der Anatomie und die Entwicklung der Medusoide werden beschrieben. Da wesentliche Merkmale der Medusenorganisation erhalten sind, können sie als Eumedusoide bezeichnet werden. Gleichzeitig weisen sie charakteristische Reduktionserscheinungen auf, die sekundärer Natur und Ausdruck einer progressiven Evolution sind.

7. Nach der Struktur und Oktomerie der Schirmrandorgane muß angenommen werden, daß die Vorfahren des Polypen freie Medusen desNausithoë-Typs gehabt haben. Seine frühere Einordnung in ein neues Genus (Tesseroscyphus) muß aufgegeben werden. Der neue Polyp erhält den NamenStephanoscyphus eumedusoides.

8. Die weitere Entwicklung ist durch die Zwittrigkeit der Medusoide und ihre Larviparie gekennzeichnet. Die befruchteten Eier entwickeln sich in den Gastralräumen zu Planulae. Diese werden am Ende der Fortpflanzungsphase frei, wenn der regenerierende Polyp die Strobilationskette aus der Röhre herausschiebt. Die Kette löst sich dabei in die Einzelmedusoide auf, die absterben und zerfallen.

9. Durch Isolierungsversuche wurde nachgewiesen, daß Selbstbefruchtung in der gleichen Strobilationskette möglich ist. Doch ist dabei die Fruchtbarkeit, das heißt die Zahl der erzeugten Planulae, verringert.

10. Die freischwimmende Planula heftet sich nach etwa 3–4 Wochen an einem geeigneten Substrat an und wandelt sich in den jungen Polypen um; seine Entwicklung wird kurz beschrieben.

11. Der evolutionistische Fortschritt des neuen Entwicklungsmodus besteht in einer Verlagerung eines wesentlichen Abschnittes der Entwicklung in den Schutz der Peridermröhre und in einer Verkürzung der pelagischen Phase. Diese beträgt bei Arten mit freien Medusen etwa 3 bis 4 Monate und ist beiS. eumedusoides auf etwa einen Monat verkürzt.

12. Der Polyp und seine Entwicklungsstadien haben ein Bicnidom aus holotrichen Haplonemen und heterotrichen mikrobasischen Eurytelen.

13. Vertikal- und Horizontal verbreitung werden nach dem jetzigen Stand der Kenntnisse erörtert. In ökologischer Hinsicht ist von Interesse, daß die Strobilation ein temperaturabhängiger Prozeß ist, so daß die Temperatur die Verbreitung begrenzt. Ferner mußS. eumedusoides nach den bisherigen Funden als Höhlenform gelten.

14. In die Artdiagnose müssen die Besonderheiten des Entwicklungsganges aufgenommen werden, da sie die zuverlässige Identifizierung ermöglichen.

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Werner, B. Stephanoscyphus eumedusoides n. spec. (Scyphozoa, Coronatae), ein Höhlenpolyp mit einem neuen Entwicklungsmodus. Helgolander Wiss. Meeresunters 26, 434–463 (1974). https://doi.org/10.1007/BF01627626

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